Meine erste große Alpentour unternahm ich 1988, ich studierte damals in Passau. Im Kern führt sie von Martigny am Genfer See nach Nizza über die bekannten Pässe der Tour de France. Ich machte daraus eine Rundreise von Passau über Ulm nach Martigny und von Nizza zurück über Genua, Trient und den Brenner.

Am Ende standen nach 12,5 Tagen 2.400 km auf meinem Sachs-Tacho, ich glaube, das war einer der ersten Funktachos, der wurde damals noch am Gabelende montiert. Mein Rad war mein ganzer Stolz, ein dunkelblaues Koga Miyata Tourenrennrad mit 3-fach Kettenblatt, stufenlosen Schalthebeln am Unterrohr und Pedalkäfigen, das ich mir mit Ferienjobs zusammengespart hatte.

An Klamotten hatte ich zwar Radhosen mit Sitzpolster, immerhin, aber nur Sweatshirts, T-Shirts und Bundeswehr-Unterhemden. Wenn man richtig schwitzte, klebten die klatschnass auf der Haut. Aber zum Glück hatte ich meist tolles Wetter, so dass sie auch schnell wieder trockneten.

Die Route von Martigny aus (es gibt auch alternative Strecken): Großer St. Berhard – Kleiner St. Bernhard – Col de l’Iséran – Col du Télégraphe – Col du Galibier – Col d’Izoard – Col de Vars – Col de Restefond/la Bonnette – Nizza.

Ich kann mich noch erinnern, als ich endlich oben auf dem Bonnette war, 2.802 m, das war eine Euphorie, wie ich sie danach nur noch selten erlebt habe.

Für die Nächte hatte ich damals Zelt und Schlafsack dabei, auf Neudeutsch heißt das heute wohl Bike Packing 😊 Aber ich habe viele total nette Menschen erlebt, die mich in ihrer Scheune oder sogar in einem Zimmer haben schlafen lassen, auch zum Abendessen oder Frühstück wurde ich manchmal eingeladen.

Eine Anekdote des letzten Tages bleibt mir ewig im Gedächtnis: nach einer Gewitternacht, in der Zelt und Schlafsack in der Nähe von Trient total durchnässt wurden, beschloss ich, nicht nochmal zu übernachten, sondern Nonstop nach Passau zu fahren. Gegen Mitternacht war ich an der Grenze von Österreich nach Deutschland (damals wurde noch kontrolliert). Der Grenzer nahm erstmal meinen Ausweis mit zur Überprüfung. Dann seine Frage, woher ich komme, Antwort: heute aus Trient. Skeptischer Blick, nächste Frage: wohin ich will, Antwort: nach Passau.

Noch skeptischerer Blick und dann die finale Frage: „Und, der Oarsch“`? Lachend konnte ich weiterfahren und kam nach insgesamt 28,5 Stunden und 444km leicht übermüdet und ausgelaugt in Passau an!

Kommunikation und ständige Erreichbarkeit wie heute gab es nicht, ich war fast zwei Wochen einfach weg, schrieb nur die eine oder andere Postkarte, die wahrscheinlich erst nach meiner Rückkehr ankam. War das noch herrlich!!!